Überlegungen zur Medienpädagogik

Die letzte Wochenaufgabe bestand darin, den Artikel „Überlegungen zur Medienpädagogik“ von Herrn Larbig zu lesen, den Text in unserer Arbeitsgruppe zu diskutieren und unsere Gedanken in unserem Blog zu reflektieren.

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Sollte man Wikipedia im Unterricht verbieten?

Der Artikel von Herrn Larbig wirft einige Fragen zur Medienpädagogik auf. Ganz besonders hat mich dabei der Aspekt angesprochen, ob Wikipedia im Unterricht verboten oder erlaubt werden sollte.

Tatsächlich ist es aus meiner eigenen Erfahrung so, dass Wikipedia an vielen Schulen, wie Universitäten als Quelle verboten wird. Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten, werden darauf hingewiesen, dass Wikipedia keine glaubhafte Quelle ist und unter keinem Umstand verwendet werden dürfte. Trotzdessen gibt es einige Dozentinnen und Dozenten, die einen durchaus ermuntern auch Quellen wie Wikipedia zu nutzen. Ein Professor äußerte sich einmal sinngemäß wie folgt:

Was meinen Sie, warum Wikipedia im wissenschaftlichen Diskurs nicht gerne gesehen wird? Könnte es nicht sein, wenn Wissen frei und kostenlos im Internet zur Verfügung steht, Anbieter, die mit Enzyklopädien Geld verdienen wollen, ihren Markt gefährdet sehen?

Tatsächlich ist dies eine interessante Überlegung und sollte auf jeden Fall berücksichtigt werden. Für mich stellt sich hier die Frage, was eine glaubhafte Quelle überhaupt ist und ob es nicht Ziel eines jeden Internetnutzers sein sollte, so viel Sachverstand und Medienkompetenz zu besitzen, um die Glaubwürdigkeit von einzelnen Artikel selbst beurteilen zu können. Das bedeutet also, wenn es unter anderem Ziel der Medienpädagogik ist, Menschen heranzuziehen, die selbständig und selbstkritisch Medien untersuchen, beurteilen und einschätzen können sollen, ist es wenig hilfreich bestimmte Medieninhalte von vorne herein zu verteufeln. Wäre es also nicht sinnvoller, auch diese Inhalte zuzulassen und diese mit den Schülerinnen und Schülern kritisch zu beleuchten?

Des Weiteren ist es wichtig, dass Schülerinnen und Schüler nicht gleich dem erst besten Eintrag im Netz oder anderswo glauben schenken. Hierbei ist es egal, ob dieser Inhalt von Wikipedia, einem gedruckten Buch, einem Onlinebuch oder -artikel, Fernsehberichten oder sonstiger Quelle stammt. Wenn ich also Wikipedia verbiete, heißt dass noch lange nicht, dass Schülerinnen und Schüler die gefundenen Quellen ordentlich reflektieren. Um zu einem mündigen Bürger zu werden, der Medien sinnvoll hinterfragen und reflektieren kann, ist es somit wichtig, dass gerade diese Kompetenzen eingeübt werden. Diese Kompetenzen können aber nur durch Übung erreicht werden. Zur Informationsgewinnung zu einem Thema, muss man verschiedene Quellen vergleichen, diese versuchen einzuordnen und einschätzen lernen. Man muss wissen, welche Informationen glaubwürdig sind oder nicht. Dabei kann es durchaus vorkommen, bzw. ist es Voraussetzung, dass Fehler bei der Einschätzung gemacht werden dürfen. Denn nur durch diese Fehler, kann der Lernprozess überhaupt einsetzen. Es geht also, wie auch schon in meinem letzten Artikel erwähnt um die aktive Auseinandersetzung mit der Materie.

Das bedeutet somit auch, dass Schülerinnen und Schüler Aufgaben bekommen müssen, die darauf abzielen, diese Kompetenzen zu stärken. Ein Beispiel wäre, dass Schülerinnen und Schüler im Netz zu einem bestimmten Themenbereich recherchieren sollen und ihre Ergebnisse im Blog, mündlicher oder sonstiger Form darstellen. Die Lehrkraft muss nun in der Lage sein, mit den Schülerinnen und Schülern zu reflektieren, inwiefern die gefunden Informationen den Tatsachen entsprechen. Eventuell haben sich aber auch Fehler eingeschlichen. Woran liegt dies? Wurde ein Eintrag aus dem Internet unreflektiert übernommen? Hätte man bei genauer Betrachtung  oder Quervergleich mit anderen Artikel zu einem anderen Ergebnis kommen können oder müssen? Genau hier liegt meines Erachtens der Schlüssel und schon alleine aus diesem Grund sollen und dürfen Online-Enzyklopädien wie Wikipedia nicht ohne weiteres verboten werden.

Bei genauer Betrachtung stellt sich eine weitere Frage. Sind von Nutzern für Nutzer geschriebene offene Online-Enzyklopädien tatsächlich so schlecht wie ihr Ruf? Sind diese tatsächlich schlechter und verfügen über mehr Fehler? Zwei Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und aus der Zeit Online kommen zu einem anderen Ergebnis. Tatsächlich belegen Stichproben der wissenschaftlich und redaktionell gepflegten Online-Enzyklopädie „Encyclopaedia Britannica“ und der von Nutzern gepflegten englischen „Wikipedia“, dass der Qualitätsunterschied gering ist.

Der Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet darüber hinaus, dass renommierte Enzyklopädien wie der Brockhaus und die Bertelsmann-Lexikothek ihre Inhalte zukünftig kostenlos im Netz zur Verfügung stellen wollen und Einnahmen über Werbung realisieren wollen. Viel interessanter ist für mich allerdings der folgende Satz:

Die Nutzer können dort kostenlos Einträge im Bertelsmann-Lexikon nachlesen und auf alle jemals erschienenen Spiegel-Texte mit Ausnahme der aktuellen Ausgabe zugreifen. Überraschenderweise wurde auch Wikipedia in das neue Wissensportal integriert.

Wikipedia wurde also in das neue Online-Wissensportal integriert, obwohl es zuvor gerade von diesen Vertretern kritisiert wurde. Noch viel befremdlicher wirkt der folgende Satz des Bertelsmann Manager in der FAZ:

„Wir scheuen den Vergleich mit Wikipedia nicht.“ Das neue Portal soll sich ebenfalls über Werbung finanzieren.

Spannend! Ist nun Wikipedia aus Sicht von Bertelsmann doch nicht so schlecht oder möchte man nur durch Klicks zu Geld kommen oder vielleicht sogar beides?

Fazit

Zu welchem Schluss über den Wert von nutzerbetreuten Online-Enzyklopädien man auch immer kommen mag, muss auf jeden Fall festgehalten werden, dass sich ein Mensch nur dann medientechnisch zu einem kritisch-reflektierten Individuum entwickeln kann, wenn er lernt die Inhalte selbständig zu hinterfragen und einzuschätzen. Das geht aber nur dann, wenn nicht bestimmte Medieninhalte von vornherein ausgeschlossen werden. Und genau deswegen darf und sollte Wikipedia nicht einfach aus dem Schulunterricht verbannt werden. Stattdessen müssen Schülerinnen und Schülern lernen, diese Inhalte kritisch zu hinterfragen und mit anderen abzugleichen.