Medienerziehung

Diese Woche beschäftigten wir uns in unserer Arbeitsgruppe mit Medienerziehung und beantworten Fragen aus dem Buch Medienpädagogik: Ein Studienbuch zur Einführung.

Was versteht man unter Medienerziehung

Medienerziehung ist zugleich Aufgabe und Zielsetzung der Medienpädagogik. Der Begriff impliziert zum einen die Erziehung zu einer kompetenten und reflektierten Mediennutzung und zum anderen die Erziehung durch die Medien. Durch Medienerziehung soll ein optimaler Entwicklungsprozess bei Kindern und Jugendlichen gefördert werden. Somit sollen Kinder und Jugendliche zu mündigen Bürgern erzogen werden, die alle möglichen Formen von Medien sinnvoll, verantwortungsbewusst und reflektiert nutzen können.

Wo geschieht Medienerziehung

Wie bereits erläutert, werden Kinder und Jugendliche auch durch die Medien erzogen. Dies geschieht automatisch auch ohne zutun von Schule und Eltern in allen Lebensbereichen und genau deshalb ist es wichtig, Kinder und Jugendlichen den richtigen Umgang, mögliche Gefahren und Bedrohungen, aber auch sinnvolle Nutzungsmöglichkeiten etc. zu vermitteln. Geschieht dies nicht, kann es zu einem unreflektierten,  missbräuchlichen oder gar gefährlichen Medienkonsum kommen.

Intentionale und nicht-intentionale Medienerziehung

Unter intentionaler Medienerziehung versteht man den gezielten, pädagogisch motivierten Einsatz von Medien zur Ankurbelung oder Unterstzützung von Lern- oder Bildungsprozessen. Dies kann durch Unterrichtsmedien, die Analyse von Medienangeboten oder die Erstellung eigener Medienprodukte (Homepage, Film, etc.) geschehen. Oft findet solche Medienerziehung in Schulen oder anderen pädagogischen Einrichtungen statt. Aber auch durch das Fernsehen, Internet oder Computerprogramme werden entsprechende Formate bereitgestellt. Ein Beispiel wäre die Sesamstraße, in denen Kindern aus anregungsärmeren Milieus in ihrer Freizeit sowohl geistige als auch soziale Kompetenzen auf unterhaltsame Weise vermittelt werden sollen.

Nicht-intentionale Medienerziehung bezieht sich auf alle positiven wie negativen Wirkungen, die von Medienangeboten ausgehen und denen nicht sofort ein pädagogisches Konzept anzusehen ist. Meistens sind solche Konzepte auf Unterhaltung ausgerichtet, können darüber hinaus aber auch Wissenswertes oder Lebenshilfe bieten. Dadurch, dass sich Kinder und Jugendliche oft mit den Fernsehhelden identifizieren und an ihren Verhaltensweisen orientieren bietet sich die Möglichkeit pädagogische Botschaften in Fernsehproduktionen zu verpacken, ohne, dass dies bewusst wahrgenommen wird. Aus meiner frühen Kindheit erinnere ich mich an Fernsehproduktionen wie Heman, deren pädagogischer Wert umstritten waren, aber tatsächlich unbewusst Kindern Werte vermittelten. Im Abspann jeder Folge wurden in unbewusster Form die kritischen Ereignisse der Folge zusammengefasst und darauf hingewiesen, wie man sich richtig verhalten solle. An diese kritische Auseinandersetzung kann ich mich heute aktiv gar nicht mehr erinnern, erst dadurch, dass ich eine dieser Folgen kürzlich noch einmal sah, bemerkte ich, dass diese tatsächlich versuchen am Ende Werte und Normen zu vermitteln. Des Weiteren würde ich im Rückblick behaupten, dass ich mich im Alter von 8 Jahren, zu Hochzeiten dieses Formats, tatsächlich in gewisser Weise mit dem Hauptdarsteller identifizierte.

Wann sollte Medienerziehung beginnen

Diese Frage ist schwierig zu beantworten und hängt vom Kind ab. Des Weiteren stellt sich hierbei die Frage, was man unter Medien versteht. Zählt man nur die „neuen Medien“ wie Internet und Computer dazu, oder auch „ältere“ Medien wie zum Beispiel das Buch. Gerade bei Büchern wird oft nicht wahrgenommen, dass es sich ebenfalls um Medien handelt. Mit dem Vorlesen aus Büchern sollte meiner Ansicht nach schon in frühester Kindheit, also im Kleinkindalter begonnen werden. Wie sieht es jetzt aber zum Beispiel mit der Nutzung von iPads im Kleinkindalter aus?

Gerade in den USA werden iPads in steigender Anzahl von Kleinkindern genutzt und tatsächlich gibt es jede Menge Applikationen, die sich auf diese Zielgruppe spezialisiert haben. Können Kinder in diesem Alter tatsächlich schon von solchen Produkten profitieren? Die Antwort hierauf ist schwierig. Wenn iPads nur gelegentlich und unter Aufsicht verwendet werden und reichhaltige Anregungen aus Alpha und Beta-Welt (siehe auch: Artikel Mediensozalisation) gegeben sind, kann sicher eine erste Einführung in diese Geräte erfolgen, ein unbeaufsichtigter Umgang ist kritisch zu betrachten. Die Frage ist nur, hat es tatsächlich einen Mehrwert, dass Kinder sich bereits in so jungem Alter mit entsprechenden Gerätschaften beschäftigen. Meiner Ansicht nach, ist es in einem solchen Alter wichtiger, dass Kinder soziale Umgang mit anderen Kindern lernen, ihre Umwelt aktiv erkunden und ihre motorischen Fähigkeiten an realen Dingen erporben. Die Heranführung an Computer, Tablets und Co. sollte frühestens im Grundschulalter erfolgen.

Verwendung von „neuen Medien“ in der Schule

Da Medienerziehung ein wichtiger Faktor für das weitere Entwicklung der Kinder- und Jugendlichen ist, gehört es definitiv in die Schule. Durch Social Networking Angebote wie Facebook oder auch Bewertungsplattformen für Lehrer verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen schulischer und außerschulischer Lebenswelt. Deswegen ist es schwierig Einflüsse von neuen Medien aus dem Schulalltag herauszuhalten. Trotzdem geibt es an vielen Schulen restriktive Verbote von Medien. An einigen Schulen ist es sogar untersagt Medienerlebnisse in jeglicher Weise in der Schule zu berichten. Ist dies wirklich lebensnah? Sicherlich nicht, zum einen erhöht sich durch solche Verbote der Reiz an diese auszuprobieren, zum anderen wird der Umgang nicht reflektiert. Kindern und Jugendlichen wird keine Chance gegeben sich aktiv mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Stattdessen lernen sie den unreflektierten Umgang. Gerade für Kinder aus sozial benachteiligten Elternhäusern ist dies ein großer Nachteil, da sich ihre Eltern öfter weniger intensiv oder auch gar nicht mit dem Nutzungsverhalten der Kinder und Jugendlichen beschäftigen.

Warum werden „neue Medien“ in der Schule oft zu wenig eingesetzt

Hierfür gibt es unterschiedliche Gründe. Zum einen gibt es immer noch viele Lehrer, die sich mit den neuen Medien schlichtweg überfordert fühlen, des Weiteren wird an deren Nutzen gezweifelt oder dem „eigentlichen Stoff“ ein größerer Stellenwert zugeschrieben. Auch die Tatsache, dass Medienerziehung meist keinem speziellen Fach zugeordnet wird und nicht explizit auf die Umsetzung bestanden wird, scheint ein Grund zu sein.

Generell ist es sinnvoll Medienerziehung auch überfachlich zu unterrichten, da es in den meisten Fächern sinnvoll integriert werden kann. Damit dies aber auch umgesetzt wird, benötigt es ein Umdenken in den Köpfen der Schulen und Lehrer. Ihnen muss die Bedeutung dieser Kompetenzen verdeutlicht werden, sie müssen aber auch entsprechend aus- und weitergebildet sein, um sich im Umgang sicher zu fühlen und diese Medien schließlich einzusetzen.

Laut den Autoren gibt es mittlerweile eine steigende Anzahl an Lehrerfortbildungen, die sich mit dem Einsatz von neuen Medien im Unterricht beschäftigen. Diese sind aber oft so ausgerichtet, dass die Lehrer zum Beispiel lernen, wie sie das Interaktive Whiteboard benutzen können, aber nicht, wie es didaktisch sinnvoll mit entsprechenden Lehrinhalten gefüllt wird. Gerade solche Umsetzungen sind wichtig. Lehrer müssen wissen, welche Lerninhalte sie wie umsetzen können. Es reicht nicht, sich damit auszukennen wie man einen Computer verwendet, sondern es muss sich aktiv mit dem praktischen Einsatz im Unterricht beschäftigt werden. Sie müssen also wissen, wie man zum Beispiel Blogs verwendet, welche Web 2.0 Tools für welche Fächer sinnvoll sind, oder welche Bildungsangebote es im Web gibt.

Weiterhin sind immer noch nicht alle Schulen ausreichend augestattet, um die Vorgaben zur Medienerziehung umzusetzen. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass teils veraltete Rechner verwendet werden, die nicht immer gut gewartet sind. Wenn man tatsächlich Schülerinnen und Schüler medientechnisch für das 21. Jahrhundert rüsten will und so zu einer effizienten Medienerziehung und -bildung beitragen möchte, müssen Schulen entsprechend ausgestattet und Lehrer entsprechend aus- und weitergebildet sein. Hierzu muss die Politik entsprechende strukturelle wie finanzielle Rahmenbedingungen schaffen, damit Schulen, den an sie gestellten Anforderungen gerecht werden können.

Darüber hinaus ist es wichtig, dass sich Lehrer aktiv mit den Medien auseinandersetzen, die Schülerinnen und Schüler nutzen, damit sie sich ein umfassendes Bild machen können. Dabei müssen sie auch verstehen, warum diese Medien ihren Schülerinnen und Schülern so wichtig sind.

Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus

Da Medienerziehung in allen Lebensbereichen stattfindet ist es wichtig, dass Eltern und Lehrer eng zusammenarbeiten. Sicherlich ist dies nicht immer leicht umzusetzen, insbesondere, wenn Eltern sich nicht für eine Zusammenarbeit interessieren oder noch schlimmer aktiv entgegenarbeiten.

Aus diesem Grund sollte versucht werden die Eltern für eine Zusammenarbeit zu gewinnen und eventuell auch freiwillige Schulungs- und Informationsveranstaltungen für Eltern anzubieten. Dass bei einer Verweigerung der Eltern nicht viel aus Schulsicht gemacht werden kann, ist mir durchaus bewusst. Trotzdem sollte versucht werden, die Eltern mit ins Boot zu holen, um die bestmöglichste Entwicklung der Kinder zu gewährleisten.

Ganztagsschulen

Meines Erachtens können soziale Benachteiligungen von Schülerinnen und Schülern am besten durch Ganztagsangebote aufgefangen werden. Der Ganztagsunterricht sollte allerdings nicht dazu genutzt werden möglichst mehr Stoff in kürzerer Zeit zu vermitteln, sondern um Projekte, Nachhilfen oder sonstige Aktivitäten anzubieten bzw. den Unterricht durch die so gewonnene Zeit interessanter und mit dem Einsatz sinnvoller Medienintegration zu verbessern. So könnten zum Beispiel auch einzelne Fächer in regelmäßigen Abständen über einige Wochen zusätzliche Unterrichtszeiten zugeordnet werden, die dann für ein Blogprojekt oder andere Projekte genutzt werden könnten.

Medienbildung an hessischen Schulen

An hessischen Schulen ist die Medienbildung im neuen Kerncurriculum zu finden. Das Kerncurriculum unterscheidet zwischen fachlichen und überfachlichen Kompetenzen, die die Schülerinnen und Schüler im Laufe ihrer Schullaufbahn auf verschiedenen Niveaustufen lernen sollen. Die Medienbildung ist unter den überfachlichen Lernkompetenzen und hier unter der Medienkompetenz zu finden, dass heißt, sie ist grundsätzlich Bestandteil aller Fächer.

Hier ein Auszug aus dem neuen Kerncurriculum für Hessen:

Medienkompetenz:
Die Lernenden finden Zugang zu unterschiedlichen Medien – darunter auch zu Neuen Medien – und nehmen eigenverantwortlich das Recht wahr, selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu bestimmen (informationelle Selbstbestimmung). Sie nutzen Medien kritisch-reflektiert, gestalterisch und technisch sachgerecht. Sie präsentieren ihre Lern- und Arbeitsergebnisse mediengestützt.

An welchen Inhalten diese Kompetenzen genau erlernt werden sollen, ergibt sich aus dem Kerncurriculum nicht, da es um den Kompetenzaufbau im Allgemeinen geht, der grundsätzlich an verschiedenen Inhalten gelernt werden kann. Um Lehrern trotzdem ein Anhalt zu bieten, sollen Schulen eigene Schulcurricula erstellen. Bis diese flächendeckend eingeführt sind, dürfen die „alten“ Lehrpläne weiterhin als Anhalt verwenden werden.

Datenschutzmeisterschaft in der Schweiz

Ein interessantes Projekt ist die Schweizer Datenschutzmeisterschaft, an der 100 Kinder und Jugendliche im Alter von 7 – 16 Jahren teilnehmen können, die aus dem NETLA Onlinequiz ausgelost wurden. Den Schülerinnen und Schülern wird in diesem Projekt die Möglichkeit gegeben sich spielerisch u. a. mit Datenschutz und Gefahren des Internets zu beschäftigen. Dabei messen sie sich mit anderen Schülerinnen und Schülern und können darüber hinaus interessante Preise gewinnen. Ein solches Projekt, was sich an alle Schülerinnen und Schüler der Schweiz richtet, aber auch Schülerinnen und Schülern aus dem Ausland die Möglichkeit beitet teilzunehmen, ist eine gutes Instrument, um die Medienerziehung voranzubringen. Darüber hinaus wurden für Lehrer Unterrichtsmaterialien zu Umsetzung im Unterricht entworfen. Dies zeigt, dass es sich hierbei um ein ganzheitliches Projekt handelt, was die Medienerziehung fördern soll.

In der Schule selbst wird die Medienerziehung in der Schweiz zum einen in überfachlichen Projekten realisiert, zum anderen ist es Bestandteil in Fächern wie Deutsch, Fremdsprachen, Bildnerisches und Freies Gestalten, Musik, Gesundheitserziehung und Informatik. Dabei wird es grundsätzlich in vielen Jahrgangsstufen und Unterrichtsbereichen eingesetzt.

Es sollen die Bedürfnisse, Interessen, Empfindungen und Reaktionen der Schülerinnen und Schüler zum Thema gemacht werden und ihnen soll die Möglichkeit gegeben werden Medienerfahrungen zu verarbeiten. Dabei sollen eigene Medienprodukte hergestellt und anhand von E-Lernplattformen Medienangebote kennen und nutzen gelernt werden.

Fazit

Medienerziehung ist ein wichtiger Aspekt, der grundsätzlich in allen Lebenslangen stattfindet. Werden Kinder und Jugendliche mit der medialen Flut alleine gelassen, lernen sie oft nicht den richtigen, kritischen und sinnvollen Umgang mit diesen Medien. Nicht alle Eltern können und wollen ihre Kinder entsprechend unterstzützen. Deshalb ist es wichtig die Medienerziehung zur Grundlage des Schulalltags zu machen. Darüber hinaus lässt sich die mediale Welt nicht strikt aus dem Schulalltag heraushalten, da die Grenzen durch Internetplattformen wie Spickmich immer mehr verschwimmen.

Medienerziehung sollte in allen Fächern sinnvoll integriert werden. Darüber hinaus bieten sich Projekte zur intensiveren Beschäftigung an. Das Beispiel der Schweiz zeigt, dass Medieninhalte auch schulübergreifend und für Kinder ansprechend vermittelt werden können. Durch eine grundsätzliche Umgestaltung in Richtung Ganztagsschule könnten auch Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Elternhäuern besser medial erzogen werden. Hierbei ist es wichtig, dass die gewonne Zeit nicht in zusätzlichen Unterrichtsstoff, sondern in sinvolle, u. a. gut aufbereitete medientechnische Projekte, investiert wird.

Weiterhin ist es wichtig, dass Lehrer entsprechend aus- und weitergebildet, Schulen entsprechend ausgestattet sind und die Nutzung von Medien an geeigneter Stelle, pädagogisch und didaktisch aufbereitet, für alle Lehrer verpflichtend wird.  Darüber hinaus müssen sich Lehrkräfte aktiv mit Medien auseinandersetzen und versetehen, warum Kinder und Jugendliche diese nutzen. Nur durch ein Umdenken in den Köpfen von Lehrern, Schulen und Politikern kann das Ziel erreicht werden, Kinder und Jugendliche zu mündigen Bürgern zu erziehen, die sich kritisch, reflektiv und sinnvoll mit Medien auseinandersetzen, diese in ihrer späteren Arbeitsumgebung nutzen können, um somit vollwertige Bürger der Gesellschaft zu werden.